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Über die Monotypie
Die Monotypie ist ein künstlerisches Druckverfahren ähnlich wie die Lithografie, der Linolschnitt usw. Sie unterscheidet sich von diesen Verfahren allerdings darin, dass bei ihr nur ein einziger, nicht reproduzierbarer Druck entsteht, also ein künstlerisches Unikat. Daher rührt auch ihr Name. Er setzt sich aus den griechischen Wörtern mónos (einzig, allein) und typos (Abdruck, Eindruck) zusammen. Zunächst mag das seltsam erscheinen. Wieso sollte man ein Druckverfahren nutzen, wenn doch einer der zentralen Vorteile des Drucks, nämlich die Reproduzierbarkeit, nicht gegeben ist?
Monotypisches Drucken hat einige Vorteile: Zum einen ist es unglaublich vielseitig. Es können unzählige verschiedene Farben und Werkzeuge genutzt werden, die ganz eigene gestalterische Effekte erzeugen. Ob feine Strukturen und Linien, fließende Übergänge und Lasuren oder scharfkantige Formen, alles ist möglich.
Außerdem bedarf es im Vergleich zu anderen Drucktechniken weder teure Druckerpressen noch eine vollausgestattete Druckwerkstatt. Monotypisches Drucken kann mit günstigen Materialien am eigenen Schreibtisch durchgeführt werden und tolle Ergebnisse erzielen.
Wichtig ist zu beachten, das Monotypien immer einen Zufallsfaktor in sich tragen. Die Technik ist niemals vollständig beherrschbar. Darin liegt auch ihr Reiz. Viele Aspekte lassen sich aber durchaus kontrolliert beeinflussen. Diese sollen hier vermittelt werden.
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MONOTYPIE ODER MONOPRINT?
Bisher geht es nur um Monotypie, dabei trägt die Seite doch sogar den Begriff „Monoprint“ im Titel. Wo besteht denn der Unterschied? Zunächst einmal kommt das ein bisschen darauf an, wie genau man hinschauen möchte. In den meisten Fällen werden beide Begriffe heute synonym verwendet. Im Detail hebt sich der Monoprint etwas von der klassischen Monotypie ab, indem er mit wiederverwendbaren Vorlagen arbeitet (beispielsweise Schablonen, oder dauerhafte Markierungen in der Druckplatte). So wird ein Grundmotiv über viele Drucke reproduziert. Das führt aber nicht zu quasi identischen Druckergebnissen, sodass man nicht von Serien wie bei klassischen Druckverfahren sprechen kann.
Wer es genau nehmen möchte, kann also festhalten: Ein Monoprint ist nach wie vor eine Monotypie, aber nicht jede Monotypie ist ein Monoprint. Da jedoch der Großteil der Künstler*innen diesen Unterschied nicht kennt, ist er in der Praxis zu vernachlässigen.
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Kurze Geschichte der Monotypie
Die Monotypie begleitet die Menschheit in ihrer einfachsten Form bereits seit der Frühgeschichte. So können zum Beispiel die mindestens 40.000 Jahre alten Hand- und Fingerabdrücke, die in den El-Castillo Höhlen in Spanien gefunden wurden, als erste monotypische Drucke angesehen werden. Kein Wunder, ist das Einfärben eines Gegenstandes und das Abdrücken seiner Form auf einer Maloberfläche doch ein so intuitiver Prozess, dass ihn bereits Kinder instinktiv anwenden.
Meistens wird die Erfindung der Monotypie jedoch erst bedeutend später angesetzt. So wird der italienische Barockmaler Giovanni Benedetto Castiglione (1609–1664) oftmals als Erfinder der Monotypie bezeichnet. Castiglione experimentierte mit Tinte auf einer Kupferplatte, die eigentlich für Kaltnadelradierungen genutzt wurde. Statt in die Platte zu Gravieren, malte er direkt auf ihre unbehandelte Oberfläche. Auf diese Weise schuf er expressive Portraitdarstellungen, von denen allerdings heute nur noch wenige Exemplare erhalten sind. Mit seinem Tod geriet diese monotypische Drucktechnik weitgehend in Vergessenheit.
Erst im 18. Jahrhundert wurde die Monotypie vom englischen Dichter und Maler William Blake (1757–1827) wieder aufgegriffen. Blake entwickelte eine Mischtechnik aus Malerei und sogenannten „Monoprints“, einem monotypischen Verfahren, bei dem bestimmte Bildelemente fixiert bleiben und in mehreren Drucken wiederverwendet werden können. Seine Werke zeigen religiöse und antik-mythische Motive und Symboliken in verschieden kolorierten Variationen und in einer atemberaubenden Detailgenauigkeit.
Ab dem 19. Jahrhundert gewann die Monotypie zunehmend an Popularität, vor allem in impressionistischen Künstlerkreisen. Der französische Maler Edgar Degas (1834–1917), einer der Hauptvertreter dieser Strömung, hinterließ neben seinen ikonischen Pastell- und Ölmalereien auch ein bedeutendes monotypisches Werk. Er experimentierte intensiv mit der Technik, indem er Tinte auf Metallplatten auftrug und diese durch eine Druckpresse laufen ließ. Degas nutzte Monotypien nicht nur als eigenständige Kunstwerke, sondern auch als Grundlage für seine Malereien, indem er sie anschließend mit Pastellfarben überarbeitete. Die Kunsthistorikerin Daphne Bika stellte fest: „In his monotypes, Degas is at his most modern.“ Es wird angenommen, dass er die Technik an Camille Pissarro (1830–1903) weitergab, einen weiteren bedeutenden Impressionisten, der ebenfalls ein umfangreiches monotypisches Werk hinterließ.
Einen entscheidenden Beitrag zur Weiterentwicklung der Monotypie leistete Paul Gauguin (1848–1903), der als einer der wichtigsten Wegbereiter der modernen Kunst gilt. Nachdem er seine Karriere als Börsenmakler aufgab, zog es ihn nach Tahiti, wo er fernab der europäischen Zivilisation neue künstlerische Ausdrucksformen suchte. Mangels traditioneller Druckwerkstätten entwickelte er eine innovative Transfertechnik: „Zuerst rollen Sie Druckerfarbe auf einem beliebigen Blatt Papier aus; dann legen Sie ein zweites Blatt darauf und zeichnen, was Ihnen gefällt. Je härter und dünner Ihr Bleistift, desto feiner wird das Ergebnis.“
Mit dem Aufkommen der modernen Kunst wurde die Monotypie zu einer weit verbreiteten, experimentellen Technik. Künstler*innen wie Paul Klee, Joan Miró, Pablo Picasso und Henri Matisse nutzten sie ebenso wie Sonia Delaunay, Hedda Sterne oder Alina Szapocznikow um nur einige wenige zu nennen. So hat die Monotypie einen festen Platz in der Kunstgeschichte errungen.
An Overview of Monotype Printmaking
How a Monoprint differs a Monotype
Çağlar Uzun, Bulent Ecevit University,
2017, Link zum Artikel
15th Street Gallery, Steve Grant,
2017, Link zum Artikel
The Painterly Print -
Monotypes from the 17th to the 20th Century
Impressions of Colors -
On William Blake’s monoprints
Metropolitan Museum of Art,
2021, Link zum Artikel
Lapham’s Quarterly, Joseph Viscomi,
2021, Link zum Artikel
Edgar Degas -
A Strange New Beauty
Metamorphoses -
Paul Gauguin’s Oil Transfer Drawings.
The Museum of Modern Art,
2016, Link zum Artikel
MoMA Inside/Out, Lotte Johnson,
2014, Link zum Artikel